Die Ökonomen der Bundesbank sind nicht für marktschreierischen Alarmismus bekannt. Ihre Analysen kommen meist trocken und sachlich daher. Doch das macht sie nicht weniger brisant – so wie die jetzt veröffentlichte Studie zu den Ursachen des geringen Produktivitätswachstums.
Steigende Produktivität ist entscheidend dafür, dass eine Volkswirtschaft mithalten kann in einer Welt des schnellen Wandels, und dass wir unseren Wohlstand halten und mehren können. Doch genau daran hapert es seit 20 Jahren. Ein Grund dafür war die jahrelange Politik der Null- und Minuszinsen, zeigen nun die Bundesbankökonomen einmal mehr. Aber das ist es nicht allein.
Mindestens ebenso entscheidend war in den vergangenen Jahren die Politik der Rettungspakete. Beides führte dazu, dass marktwirtschaftliche Prozesse seit einiger Zeit gelähmt und teilweise außer Kraft gesetzt sind. Immer weniger Firmen gehen pleite, immer weniger werden neu gegründet. Es fehlt die „schöpferische Zerstörung“, die seit Joseph Schumpeter als Basis für den langfristigen Erfolg einer Marktwirtschaft gilt.
Mit den Nullzinsen ist es vorbei. Jetzt muss auch die Politik des Rettens aufhören. Vor allem aber braucht es grundlegende Reformen, um die schöpferischen Kräfte in diesem Land wieder zur Entfaltung zu bringen. Denn ein weiterer Grund für die Erschlaffung ist den Analysen der Bundesbank zufolge die Demografie – und daran lässt sich zunächst mal wenig ändern.
Das können wir nur kompensieren, wenn wir umso drastischer an jenen Stellschrauben drehen, an denen wir es können. Auch wenn das vielen wehtun dürfte: Turbo-Digitalisierung mit weniger Rücksicht auf die Bedenkenträger des Datenschutzes, Vereinfachung von Genehmigungsprozessen mit weniger Klagerechten für individuell Betroffene.
Oder ganz allgemein weniger Konsenssuche, mehr Entscheidungen. Das wird Proteste und Streit hervorrufen. Aber Deutschland muss vom Standstreifen auf die Überholspur wechseln, und dafür braucht es einige gewagte Manöver.