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Deutschland CDU für Reform

Arbeitgeber begrüßen Bürgergeld-Vorschläge – Jobcenter sieht kaum „Totalverweigerer“

CDU will Bürgergeld umbauen – „Aber eines muss Sie doch irritieren, Herr Gröhe“

Die CDU will das Unterstützungssystem des Bürgergelds radikal umbauen und verbindlichere Anforderungen und Sanktionen einführen. SPD, Grüne, Linkspartei, der DGB und die Arbeiterwohlfahrt lehnen das CDU-Konzept ab. Darüber diskutiert Hermann Gröhe, CDU, mit Ulrich Schneider, Paritätischer Gesamtverband.

Quelle: WELT TV

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„Wir brauchen eine Grundsanierung des Bürgergeld-Systems“, sagte Arbeitgeberpräsident Dulger. Nötig sei ein Sozialstaat, der wehrhaft gegen Missbrauch sei. Das Jobcenter widerspricht: Totalverweigerer seien „extreme Einzelfälle“. Trotzdem sieht ein Sprecher im Vorschlag auch gute Ideen.

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger hat die Pläne der CDU für eine Reform und Verschärfung des Bürgergelds begrüßt. „Wir brauchen eine Grundsanierung des Bürgergeld-Systems“, sagte Dulger der Deutschen Presse-Agentur. Die CDU hatte am Montag ihre Vorstellungen für einen radikalen Umbau der Grundsicherung mit verbindlicheren Anforderungen und Sanktionen vorgestellt.

SPD, Grüne, Linkspartei, der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Arbeiterwohlfahrt hatten sich ablehnend geäußert. Sie warfen der CDU teils einen Angriff auf den Sozialstaat vor. CSU-Chef Markus Söder erklärte hingegen, die CSU stehe voll hinter den CDU-Plänen.

Dulger sagte: „Wir müssen den Sozialstaat vom Kopf auf die Füße stellen.“ Nötig sei ein treffsicherer Sozialstaat, der sich auf die Bedürftigen konzentriere und wehrhaft gegen Missbrauch sei. „Daher begrüße ich die Vorschläge der CDU zum Bürgergeld.“ Nach deren Plänen sollen jene Menschen, die arbeiten können, auch arbeiten gehen – sonst sollen Sozialleistungen entfallen.

Dulger sagte: „Wir haben fast vier Millionen Menschen im Bürgergeld-System, die arbeiten können – das ist zu hoch.“ Damit Arbeitskräfte in den Betrieben ankommen, müsse der Fokus viel stärker auf der Aktivierung und Vermittlung in Arbeit liegen. Dulger forderte Mitwirkungspflichten, „die auch praktisch eingefordert werden müssen“.

„Wir reden da wirklich über extreme Einzelfälle“

In der Debatte um die Bürgergeld-Pläne der CDU hält Stefan Graaf, Sprecher der Jobcenter in Nordrhein-Westfalen, den Begriff der „Totalverweigerer“ für „überstrapaziert“. „Wir reden da wirklich über extreme Einzelfälle, die sich so im Ein-, Zwei-Prozent-Bereich bewegen. Das zeigt uns auch, dass die Debattenbeiträge um das Bürgergeld oft ein sehr verengtes und teilweise auch unzutreffendes Bild wiedergeben, weil sie sich an Extremfällen orientieren und nicht an der Allgemeinheit der von uns betreuten Menschen“, sagte Graaf am Dienstag auf WDR 5.

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Die CDU hatte am Montag ihre Vorstellungen für einen radikalen Umbau des Bürgergelds zu einer „Neuen Grundsicherung“ mit verbindlicheren Anforderungen und Sanktionen vorgestellt. Lehnt ein arbeitsfähiger Grundsicherungsempfänger ohne sachlichen Grund eine „ihm zumutbare Arbeit ab, soll künftig davon ausgegangen werden, dass er nicht bedürftig ist“, heißt es im Parteibeschluss. Die CDU will Sanktionen schneller, einfacher und unbürokratischer durchsetzen. Es gebe Berechnungen, nach denen es eine Steuerersparnis von etwa drei Milliarden Euro geben könne, wenn 100.000 Menschen aus dem Bürgergeld in Arbeit kommen würden.

Oft werde die Vielschichtigkeit der Problemlagen bei Bürgergeld-Beziehern verkannt, sagte Graaf, der auch Geschäftsführer des Jobcenters der Städteregion Aachen ist. „Anders als oft behauptet wollen die meisten Menschen arbeiten und sich aus- beziehungsweise fortbilden. Und anders als auch oft dargestellt haben wir im nennenswerten Umfang keine Menschen zu verzeichnen, die ihre Arbeit kündigen, um das ach so angeblich angenehme Bürgergeld zu erhalten. Fakt ist, dass auch seit der Einführung des Bürgergelds die Zahl der Übergänge der Menschen aus der Beschäftigung in den Leistungsbezug im Jahr 2023 nicht gestiegen ist.“

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Zu dem Argument, dass der Abstand zwischen dem Bürgergeld und den Bezügen im Niedriglohnsektor zu gering sei, sagte Graaf, es sei immer die Frage, ob das Existenzminimum zu hoch angesetzt sei oder die Löhne zu gering seien. „Ein Alleinstehender bekommt im Moment 563 Euro. Da sind circa 196 Euro für Nahrungsmittel, Getränke drin, da sind 46 Euro für Bekleidung und Schuhe drin, da kann jeder für sich beurteilen: Ist das zu viel, ist das zu wenig?“ Die Politik habe hier auch nur einen begrenzten Entscheidungsspielraum, weil das Bundesverfassungsgericht klare Regelungen getroffen habe, die das Existenzminimum festlegten.

Als „sehr überlegenswert“ bezeichnete er dagegen den Vorschlag der CDU, dass Menschen, die etwa Termine für Beratungsgespräche im Jobcenter nicht wahrnähmen, stärker sanktioniert werden sollten. „Das gehört zur Ehrlichkeit dazu: Es gibt im Moment auch eine Reihe von Menschen, die einfach die zehn Prozent Leistungsminderung, die es gibt bei Termin-Untreue, hinnehmen, und da arbeiten wir mit einem stumpfen Schwert.“

Viel Kritik an Reformvorschlägen

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Kritik an Teilen der CDU-Pläne kommt allerdings auch aus dem eigenen Sozialflügel. Der Vizevorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Christian Bäumler, sagte dem Südwestrundfunk (SWR), eine vollständige und dauerhafte Streichung der Grundsicherung sei mit dem christlichen Menschenbild nicht vereinbar. „Wir dürfen in einem Land wie Deutschland niemanden verhungern oder obdachlos werden lassen.“ Bäumler ist CDA-Landeschef in Baden-Württemberg und widersprach damit auch CDA-Bundeschef Karl-Josef Laumann, der das Konzept als „sehr ausgewogenen Vorschlag“ bezeichnet hatte.

Jobcenter können Arbeitslosen das Bürgergeld für maximal zwei Monate streichen, wenn die Betroffenen eine Arbeitsaufnahme nachhaltig verweigern. Diese Verschärfungen hatte die Ampel-Koalition im Zuge ihrer Sparmaßnahmen beim Bundeshaushalt auf den Weg gebracht.

Sozialverbände haben die Pläne der CDU zum Umbau des Bürgergelds als populistisch und unsäglich kritisiert. Mit dieser Debatte würden „wieder Vorurteile gegen Menschen im Grundsicherungsbezug geschürt“, sagte die Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland, Michaela Engelmeier, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Das Bürgergeld diene der Existenzsicherung von Menschen, „die sich in besonderen Lebenslagen befinden und hilfebedürftig sind“.

Engelmeier sagte, bedürftigen Familien das ihnen verfassungsrechtlich zustehende Existenzminimum zu verweigern, sei der falsche Weg. Mit den derzeitigen Regelbedarfen seien „keine großen finanziellen Sprünge möglich“. „Die überwiegende Mehrheit der Menschen, die auf Grundsicherungsleistungen angewiesen sind, wünscht sich ein selbstbestimmtes Leben ohne Abhängigkeit von staatlichen Leistungen.“

dpa/coh

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