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Offshore-Windkraft

An den Engpässen in den Häfen könnten Deutschlands Energiepläne auf See scheitern

Autorenprofilbild von Olaf Preuß
Von Olaf PreußWirtschaftsreporter
Veröffentlicht am 02.02.2024Lesedauer: 3 Minuten
Windturbinen bei Siemens Gamesa in Cuxhaven. Die Bauteile wiegen jeweils mehrere Hundert Tonnen
Windturbinen bei Siemens Gamesa in Cuxhaven. Die Bauteile wiegen jeweils mehrere Hundert TonnenQuelle: Bertold Fabricius

Der jährliche Ausbaubedarf für Offshore-Windkraft steigt bis 2030 auf durchschnittlich drei Gigawatt an. Die Küstenländer machen deswegen Druck beim Bund, sie wollen verlässliche Finanzierungszusagen. Denn um die Ausbauziele umsetzen zu können, braucht Deutschland schnell zusätzliche Hafenflächen.

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Die Küstenländer wollen einen schnellen Ausbau von Hafenflächen erreichen, damit Deutschland seine Pläne zum Ausbau der Offshore-Windkraft verwirklichen kann. In einer gemeinsamen Erklärung fordern Landespolitiker und die Offshore-Windkraft-Wirtschaft, dass der Bund Einnahmen aus der Vergabe von Offshore-Lizenzen in einer planbaren Weise für den Ausbau der Häfen zur Verfügung stellt.

„Wir müssen dafür sorgen, dass der Finanzbedarf unserer Häfen verlässlich gesichert wird und dass sich der Bund finanziell einbringt“, sagt Niedersachsens Wirtschafts- und Verkehrsminister Olaf Lies (SPD). „Wir kennen den Ausbaubedarf der Häfen entlang unserer Küste und sollten die Chance nutzen, das Projekt zu realisieren und den Ausbau weiterer Standorte zu unterstützen.“

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Die Offshore-Windkraft in den deutschen Seegebieten soll bis 2030 auf insgesamt 30 Gigawatt Leistung und bis 2045 auf 70 Gigawatt Leistung ausgebaut werden. In den vergangenen 15 Jahren hat die Branche im deutschen Teil von Nord- und Ostsee rund 8,5 Gigawatt Leistung aufgebaut.

Der jährliche Ausbaubedarf steigt – gemäß den politischen Zielen des Bundes – bis 2030 auf durchschnittlich drei Gigawatt an. Um das überhaupt erreichen zu können, brauchen die beteiligten Unternehmen und Gewerke zusätzliche, schwerlastfähige Hafenflächen von etwa 200 Hektar Umfang, schätzt die Offshore-Windkraft-Industrie. Woher diese Flächen in kürzester Zeit kommen und wer sie wie finanzieren soll, ist derzeit völlig offen. Auch bei den Fachkräften und bei den industriellen Kapazitäten gibt es für den angestrebten Hochlauf der Branche erhebliche Engpässe.

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Am längsten allerdings dauert es, Hafenflächen bereitzustellen, auf denen Hunderte Tonnen schwere Bauteile für Offshore-Windparks gefertigt und bewegt werden können. Deutschland hat derzeit keinen einzigen sogenannten Offshore-Basishafen, von dem aus komplette Offshore-Windparks errichtet werden. Das geschieht in der Regel vom dänischen Esbjerg oder vom niederländischen Eemshaven aus. Doch diese Häfen werden auch durch den Ausbau der Offshore-Windkraft in anderen europäischen Staaten in den kommenden Jahren weitgehend ausgelastet sei.

Deshalb schalten sich neben Verbänden und Unternehmen nun auch die zuständigen Wirtschafts- und Verkehrspolitiker der fünf Küstenländer verstärkt in die Debatte ein und machen Druck auf die Ampelkoalition in Berlin.

Auch Hamburg unterstützt die Initiative. In der Hansestadt werden zwar keine Großbauteile gefertigt oder verschifft, aber der größte Teil der deutschen Offshore-Windparks wird dort geplant und wirtschaftlich gesteuert. „Die Herausforderungen der Klimakrise und die hohen Ziele, die wir uns für den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland gesteckt haben, können wir nur gemeinsam bewältigen“, sagt Melanie Leonhard (SPD), Hamburgs Senatorin für Wirtschaft und Innovation. „Der Ausbau der Windenergie und die leistungsfähigen deutschen Seehäfen sind dabei ein zentraler Faktor.“

Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) will an den Küsten eine Kreislaufwirtschaft rund die erneuerbaren Energien herum aufbauen: „Unsere Häfen an der Westküste können eine noch stärkere Funktion für die Energiewende für ganz Deutschland einnehmen“, sagt er. „Wartung, Instandsetzung oder auch Rückbau und Recycling von Offshore-Windkraftanlagen können ideal von dort abgewickelt werden.“

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„Ohne die deutschen Seehäfen sind die geplanten Ausbauziele für Offshore-Windenergie nicht zu erreichen. Mit Blick auf den angepeilten Hochlauf der Leistung aus Windenergie auf See müssen daher schnell die politischen Weichen für den Ausbau von Schwerlastflächen in den Seehäfen gestellt werden“, sagt Angela Titzrath, Präsidentin des Zentralverbandes der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS). „Hier ist vor allem der Bund in der Pflicht, finanziell seinen Anteil zum Gelingen der Energiewende zu leisten.“

Eine Verwendung der Erlöse aus der Vergabe der Offshore-Lizenzen für Windparks auf See sei „inhaltlich naheliegend und würde den Bundeshaushalt nicht weiter belasten“, sagt Titzrath, die im Hauptberuf den Hamburger Hafenlogistik-Konzern HHLA führt: „Wir können es uns mit Blick auf die Ausbauziele nicht erlauben, die nötigen politischen Entscheidungen weiter zu vertagen.“

Stefan Thimm, Geschäftsführer des Branchenverbandes BWO, ergänzt: „Offshore-Wind-Basishäfen sowie Häfen, die perspektivisch für den Rückbau ausgedienter Windenergieanlagen genutzt werden, können zudem von der Ansiedlung zahlreicher Unternehmen aus der Lieferkette profitieren.“