WELTGo!
Journalismus neu erleben und produktiver werden
Ihr Assistent Journalismus neu erleben und produktiver werden
WELTGO! ENTDECKEN
  1. Home
  2. Politik
  3. Ausland
  4. Deutschland: Eine zu große Nähe zu China birgt große Risiken

Meinung Brief aus Hongkong

Deutschland sollte seinen Handel schrittweise von China entkoppeln

Demokratieaktivistin Glacier Kwong Demokratieaktivistin Glacier Kwong
Demokratieaktivistin Glacier Kwong
Quelle: Getty Images
Der Handel mit China bringt Deutschland Wohlstand. Aber man muss auch die ethischen und strategischen Dimensionen dieser Beziehung bedenken. Ein Land zu unterstützen, das nachweislich Menschenrechte verletzt, schadet Deutschlands Ansehen in der Welt.

In einer von globalen Abhängigkeiten geprägten Zeit sind Diskussionen über die Trennung von wichtigen Wirtschaftspartnern mehr als ein Gedankenspiel. Deutschland, das Wirtschaftszentrum Europas, befindet sich in seiner Beziehung zu China an einem Scheideweg. Die Bundesregierung muss Kosten und Nutzen der wirtschaftlichen Verflechtung mit China abwägen, besonders im Hinblick auf ethische Folgen und die geopolitische Dynamik.

Eine aktuelle Analyse des Kiel Instituts für Weltwirtschaft zu den ökonomischen Konsequenzen einer harten Trennung von China zeichnet ein drastisches Bild der ersten Schocks für die deutsche Wirtschaft. Ein abrupter Abbruch des Handels könnte demnach zu einem sofortigen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um fünf Prozent führen, vergleichbar mit den Folgen der Finanzkrise oder der Covid-Pandemie. Diese alarmierende Zahl macht deutschen Unternehmen verständlicherweise Sorgen.

Allerdings ist es wichtig, diese Ergebnisse einzuordnen. Dann versteht man, dass die Folgen möglicherweise weniger nachteilig sind, als sie zunächst wirken. Die Studie geht davon aus, dass sich der Verlust nach einigen Jahren bei etwa 1,5 Prozent des BIP stabilisieren wird. Ein schrittweiser und vorsichtiger Abbau der Handelsbeziehungen könnte diese anfänglich hohen Kosten senken und dabei die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit erhalten.

Keine Frage: Der Handel mit China bringt Deutschland Wohlstand. Aber man muss auch die ethischen und strategischen Dimensionen dieser Beziehung bedenken. Deutschland ist stolz auf sein Bekenntnis zu Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit. Ein Land zu unterstützen, das nachweislich Menschenrechte verletzt, stellt diese Grundsätze infrage und schadet Deutschlands Ansehen in der Welt.

Davon abgesehen erfordern die aktuellen geopolitischen Umstände, dass Berlin seine China-Politik neu bewertet. Die ganze Welt ist Zeuge von Chinas wachsendem außenpolitischem Durchsetzungsvermögen, seiner Missachtung internationaler Regeln und seiner Versuche, die Weltordnung in seinem Sinne umzugestalten. Eine zu große Nähe zu Peking birgt strategische Risiken. Besonders, weil China versucht, seinen Einfluss und seine Kontrolle über wichtige Lieferketten noch auszubauen.

Lesen Sie auch

Die Argumente der Befürworter einer Beibehaltung des Status quo sind nicht ganz von der Hand zu weisen. Sie betonen die unmittelbaren wirtschaftlichen Auswirkungen und warnen vor übereilten Entscheidungen. Eine schrittweise Entkopplung – oder „De-Risking“ – wie sie das IfW Kiel vorschlägt, ermöglicht es Deutschland, dieses komplexe Gebiet mit Umsicht zu navigieren. Eine bewusste Verlagerung der Handelspolitik auf Länder, die demokratische Werte und Menschenrechte respektieren, kann Deutschlands wirtschaftliche Interessen wahren, ohne seinen moralischen Kompass zu kompromittieren.

Die Kosten einer Abkopplung von China sind nicht zu leugnen. Aber sie sollten Deutschland nicht davon abhalten, einen Kurs zu verfolgen, der mit seinen Prinzipien und langfristigen strategischen Interessen übereinstimmt. Ein vorsichtiger und gut geplanter Abbau der Handelsbeziehungen würde unmittelbare Schocks für die Wirtschaft minimieren und gleichzeitig Deutschlands Bekenntnis zu einer ethischen Außenpolitik und globaler Stabilität unterstreichen.

Lesen Sie auch
Hier können Sie unsere WELT-Podcasts hören
Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen.

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema