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Meinung Künstliche Intelligenz

15-Stunden-Woche mithilfe von KI? Wir sollten an diesem Traum festhalten

Stepstone-CEO Sebastian Dettmers Stepstone-CEO Sebastian Dettmers
Stepstone-CEO Sebastian Dettmers
Quelle: StepStone GmbH/picture alliance/dpa; Cravetiger/Moment RF/Getty Images
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Der Einsatz von KI wird über das wirtschaftliche Schicksal Deutschlands entscheiden. Ängste sind dabei fehl am Platz, meint unser Gastautor Sebastian Dettmers, der CEO des Jobportals Stepstone. Nur ohne Bedenken gebe es noch die Chance, Deutschland aus seiner Krise zu befreien.
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Arbeitnehmer aus Deutschland sind in Sorge: Ein Drittel befürchtet einer Stepstone-Befragung zufolge, künstliche Intelligenz (KI) könnte ihren Job in Zukunft ersetzen. Und knapp 60 Prozent gehen davon aus, dass ihre eigene Arbeitskraft bei einem anhaltenden Siegeszug der Algorithmen an Wert verliert.

Aber muss die menschliche die künstliche Intelligenz wirklich fürchten? Oder sind diese Ängste nicht vielmehr Ausdruck tiefsitzender, aber letztendlich unbegründeter Bedenken gegenüber technischem Fortschritt, wie sie uns seit den ersten Tagen der Industriellen Revolution begleiten?

Vieles deutet darauf hin. Mit Vorschlaghammer und bloßer Faust versuchten bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts die sogenannten Maschinenstürmer aus Angst um ihre hergebrachte Arbeitswelt die Verbreitung mechanischer Webstühle zu verhindern. Zum Glück vergeblich. Denn die Mechanisierung der Textilindustrie war der Auftakt einer einzigartigen Erfolgsgeschichte.

In den vergangenen 250 Jahren stieg die Produktivität hierzulande um das Fünfzigfache. Wir leben auf einem Wohlstandsniveau, von dem unsere Vorfahren nicht zu träumen wagten.

Eine Folge erst der Mechanisierung, dann der Elektrifizierung, Automatisierung und der Digitalisierung. Allerdings: Seit Jahren kommt die Produktivität nicht vom Fleck, ungeachtet gigantischer Maschinenparks, des flächendeckenden Einsatzes von Computern und zunehmender Assistenz von Algorithmen.

Selbst informierte Zeitgenossen begegneten einst diesem Fortschritt mit tiefem Misstrauen. „The great enemy of labour“ nannte die „New York Times“ Ende des 19. Jahrhunderts die zunehmende Zahl von Maschinen.

Bereits in den 70er-Jahren wurde über „Jobkiller Computer“ gesprochen

Gut 50 Jahre später titelte sie: „Wird der Mensch auf lange Sicht durch die Maschine ersetzt?“ Als nach einem ungeheuren Wohlstandszuwachs und Jahren der Vollbeschäftigung in den 1970er- und 1980er-Jahren elektronische Rechner die Arbeitswelt eroberten, begann die Debatte unter dem Titel „Jobkiller Computer“ abermals.

Jetzt erlebt die Diskussion mit KI eine Neuauflage. Tatsache ist jedoch: Wir erleben ein neues Beschäftigungswunder. Noch nie waren hierzulande so viele Menschen in den Arbeitsprozess eingebunden wie heute.

Sicher – volkswirtschaftliche Daten sind das eine, individuelle Schicksale etwas ganz anderes. Natürlich ließen die Fortschritte zahllose Tätigkeiten überflüssig werden oder veränderten sie von Grund auf.

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Dies zeichnet sich auch beim Einsatz von KI ab. Und das vor allem in den Büros, die anders als die Fertigung bislang von großen Rationalisierungsschüben verschont geblieben waren.

So entfallen etwa in der öffentlichen Verwaltung und im Gesundheitsweisen derzeit geschätzt noch bis zur Hälfte der Arbeitszeit auf Tätigkeiten wie Dateneingaben, händische Berechnungen oder Assistenzaufgaben, die ein kluger KI-Einsatz effizient übernehmen könnte.

Die Aussicht auf 50 Prozent weniger Tätigkeit löst Ängste aus. Aber ist die Sorge wirklich gerechtfertigt? Nein!

Demografischen Wandel ausgleichen

Gesamtwirtschaftlich vor allem aus zwei Gründen: Erstens eröffnet sich Deutschland, wie anderen Ländern auch, eine einmalige Chance, die Folgen der zunehmenden Arbeiterlosigkeit aufzufangen.

Denn nicht Arbeitslosigkeit, sondern der Mangel an Arbeitskräften quer durch alle Branchen ist die entscheidende wirtschaftliche Herausforderung der kommenden Jahre. Bis 2035 gehen rund fünf Millionen Babyboomer in Rente.

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) geht davon aus, dass uns dann bis zu sieben Millionen Arbeitnehmer fehlen werden. Der zweite Grund: Es besteht dank KI die Hoffnung auf wieder steigende Produktivität, nach Jahren des Stillstands. Auf dass unser Wohlstand weiterwächst!

Denkbar sind grundsätzlich zwei Arten, auf die Arbeiterlosigkeit zu reagieren: Wir können mehr arbeiten – oder eben produktiver. Die Rückkehr zur Samstagsarbeit oder gar 48-Stunden-Woche dürfte kaum verlockend sein. Also bleibt nur, die Produktivität anzuschieben.

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Und KI könnte der entscheidende Schlüssel sein. Sicher – ähnliche Hoffnungen ruhten bereits auf der Digitalisierung. Doch Smartphones und Datenflut zum Trotz stagniert die Produktivität in den westlichen Industriestaaten seit Jahren.

Wissenschaftler rätseln über die Ursachen dieses „Produktivitätsparadoxons“. KI könnte es endlich auflösen: Mit ihr ließe sich künftig bei gleichbleibendem oder sogar rückläufigem Arbeitseinsatz mehr produzieren, damit es mit der Wirtschaftsleistung und letzten Endes unserem Wohlstand wieder aufwärtsgeht.

Europa droht den Anschluss zu verlieren

Es wird allerhöchste Zeit, den Produktivitätsturbo KI zu zünden. Gerade in Europa! Denn wenn sich die aktuelle, bedrohliche Entwicklung fortsetzt, wird sich laut Experten im Jahr 2035 zwischen einem durchschnittlichen US-Amerikaner und einem Europäer ein ähnlich großes Wohlstandsgefälle auftun wie heute zwischen einem Europäer und einem Inder.

Der alte Kontinent droht den Anschluss zu verlieren. Der systematische Einsatz von KI bietet hingegen eine einmalige Chance aufzuholen und Unternehmen wie auch Arbeiternehmern neue Perspektiven zu eröffnen.

Je eher uns bei möglichst vielen Jobs die Verknüpfung der Vorteile menschlicher mit künstlicher Intelligenz gelingt, desto besser. Die Möglichkeiten scheinen endlos: Wenn die KI das Erstellen von Gesprächsprotokollen übernimmt, bleibt Bankberatern mehr Zeit für Kundengespräche. Wenn Algorithmen Standardverträge vorbereiten, können sich Anwälte besser auf die entscheidenden Details konzentrieren.

Und wenn die Technologie Patientendaten durchforstet, können Ärzte präzisere Diagnosen treffen und maßgeschneiderte Therapien empfehlen. Es geht also nicht darum, unter Hochdruck Millionen Menschen zu Data Scientists und Coding-Experten umzuschulen.

Sondern vielmehr darum, möglichst viele Beschäftigte über alle Branchen hinweg mit dem Potenzial von KI vertraut zu machen, ihnen so Ängste zu nehmen – und sie am Ende produktiver zu machen.

Dabei sollten wir im Idealfall KI künftig gebrauchen wie beispielsweise die Mikrowelle: Wir verstehen die Funktionsweise zwar nicht im Detail, können sie aber benutzen und kennen ihre Grenzen.

Abrufraten für KI-Tools steigt rapide an

Genau das lässt sich aktuell bei immer mehr Pilotprojekten bereits eindeutig beobachten. Nach ersten Schulungen und einer Eingewöhnungsphase nutzen Beschäftigte die neuen Tools wie selbstverständlich.

Zugleich steigen auf unserer Plattform Stepstone.de (gehört wie WELT AM SONNTAG zu Axel Springer) kontinuierlich die Abrufraten für KI-Tools, mit denen sich zum Beispiel in wenigen Schritten ein individualisiertes Bewerbungsschreiben erstellen oder der Lebenslauf KI-gerecht aufbereiten lässt.

Aber bleiben am Ende nicht doch Jobs auf der Strecke, wenn KI viele Aufgaben wesentlich effizienter erledigt? Die vielleicht überraschende Antwort: Das bleibt mit Blick auf den Mangel an Arbeitskräften nur zu hoffen!

Länder wie Deutschland brauchen dringender denn je Werkzeuge, um die knappe Ressource Mensch zu ersetzen und zu unterstützen. Schon um der Arbeiterlosigkeit zu entkommen, sollten wir den Einsatz von künstlicher Intelligenz mit aller Kraft vorantreiben.

Das gilt aber auch mit Blick auf die Bedürfnisse der Beschäftigten. Mithilfe von Robotern und Algorithmen müssen sie künftig weniger Zeit mit öden, repetitiven Tätigkeiten verbringen und können so den Mehrwert ihrer Arbeit erhöhen.

Der Lohn: mehr Freiraum für Kreativität und die Lösung komplexer Probleme. Hinzu kommt: Steigt die Produktivität, können wir künftig in weniger Stunden das Gleiche oder sogar mehr leisten.

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Vielleicht streiten wir dann irgendwann nicht mehr über 35, sondern über 25 oder noch weniger Arbeitsstunden pro Woche. Davon träumte John Maynard Keynes, einflussreichster Ökonom des 20. Jahrhunderts, schon vor 100 Jahren.

2030, so prognostizierte er angesichts des damals rasanten Fortschritts der Industrialisierung, würden wir nur noch 15 Stunden die Woche arbeiten. Daraus ist bekanntermaßen – noch – nichts geworden.

KI könnte nun den Weg dorthin ebnen. Lassen Sie uns deshalb am Traum von weniger Arbeit festhalten! Auch wenn wir ihn uns hart erarbeiten müssen.

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