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Wirtschaft Debatte um Eurobonds

Für Ukraine-Waffen – Frankreich will Europas Schulden-Tabu brechen

EU-Korrespondent in Brüssel
Ukrainische Soldaten während eines Militär-Trainings in einem Panzer Ukrainische Soldaten während eines Militär-Trainings in einem Panzer
Ukrainische Soldaten während eines Militär-Trainings in einem Panzer
Quelle: picture alliance/Anadolu/Diego Herrera Carcedo
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Wie sollen neue Waffen für die Ukraine finanziert werden? Frankreichs Präsident Macron und die estnische Premierministerin Kallas fordern eine gemeinsame europäische Kreditaufnahme. Doch der Vorschlag teilt die Mitgliedstaaten in zwei Lager.

Der deutsche Kanzler antwortete salopp. Fast so, als würde er die Sache nicht wirklich ernst nehmen. Sollte die EU, wurde Olaf Scholz vor wenigen Tagen in Brüssel gefragt, gemeinsam Schulden aufnehmen, um Waffen für die Ukraine zu kaufen? Frankreich, Estland und einige andere Staaten hatten das gefordert. Scholz lachte und sagte: „Wir sind jetzt nicht so Fans von solchen Ideen.“

Der Krieg in der Ukraine tobt seit mehr als zwei Jahren. Und die EU will das Land weiterhin unterstützen. Solange und so intensiv wie nötig, heißt es in einer Erklärung der 27 Staats- und Regierungschefs. Sie möchten Waffen und Munition für Kiew beschaffen.

Doch bisher ist noch unklar, woher das Geld dafür stammen soll. Es kursieren mehrere Ideen, keine kommt entscheidend voran. Mal gibt es rechtliche Bedenken, mal politische.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Estlands Premierministerin Kaja Kallas wollen Eurobonds. Die EU-Staaten, so ihr Plan, sollen gemeinsam Schulden aufnehmen, um Rüstungsgüter für die Ukraine zu erwerben. Italien, Spanien, Portugal und Griechenland unterstützen das – Staaten, die auch sonst immer wieder für die Ausgabe europäischer Staatsanleihen plädieren.

Andere Nationen sprechen von einem Tabu, darunter Deutschland, Österreich, Dänemark, Schweden, Finnland und die Niederlande. Sie fürchten, dass sie am Ende die größte Last tragen.

Kallas schlug Ende des vergangenen Jahres „Verteidigungsanleihen“ vor und nannte eine Summe von 100 Milliarden Euro. EU-Ratspräsident Charles Michel, ein Belgier, sprach bei einem Auftritt vor der Europäischen Verteidigungsagentur sogar von 600 Milliarden Euro. Ein Albtraum für Deutschland und seine Mitstreiter, im Brüsseler Jargon die „Sparsamen“ genannt.

„Neue europäische Schuldentöpfe sind nicht der richtige Weg, um höhere Verteidigungsausgaben zu finanzieren“, sagt Markus Ferber, Europaabgeordneter der CSU und wirtschaftspolitischer Sprecher der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament. Ein solcher Schritt gefährde die Finanzstabilität in der Eurozone. „Man kann nicht alle Probleme mit neuen Schulden lösen“, meint Ferber. „Man kann sich mit neuen Schulden aber viele neue Probleme schaffen.“

Wiederaufbaufonds als Vorbild

Ferber zweifelt auch an den Motiven Frankreichs. „Macron geht es nicht darum, die Verteidigungsfähigkeit Europas zu stärken, sondern französische Staatsausgaben auf die europäische Ebene zu verlagern“, ist der CSU-Politiker überzeugt.

Eine Blaupause für das, was Macron, Kallas und Michel fordern, gibt es schon: den 800 Milliarden Euro schweren Wiederaufbaufonds der Europäischen Union. Er soll die Folgen der Corona-Pandemie lindern, die Energiewende vorantreiben sowie die Digitalisierung beschleunigen. Der Topf besteht etwa zur Hälfte aus Zuschüssen und zur anderen Hälfte aus Krediten.

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Für den Wiederaufbaufonds verschuldete sich die EU zum ersten Mal in großem Umfang, er gilt als historisch. Ratspräsident Michel sprach zum Start im Juli 2020 von einer „kopernikanischen Wende“. Von einer Ära, in der die Nationen Europas gemeinsam Kredite aufnehmen und so enger zusammenwachsen.

Inzwischen ebbte die Euphorie deutlich ab. Denn das Unterfangen kostet die EU-Staaten viel mehr Geld als geplant. Die Kommission unterschätzte den Anstieg der Zinsen in den Jahren 2022 und 2023.

Deutschland und die anderen Sparsamen stimmten dem Wiederaufbaufonds unter einer Bedingung zu: dass er im Jahr 2026 endet. Zudem, meinten sie, müsse er eine einmalige Übung bleiben. Die Gruppe um Scholz betrachtete gemeinsame Schulden als Instrument, um die wirtschaftlichen Folgen eines großen Schocks – der Pandemie – abzumildern. Nicht als neue Normalität.

Doch nun gibt es weitere Schocks. Den Krieg in der Ukraine. Russlands aggressives Auftreten gegenüber dem Westen. Die Aussicht auf die Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus – eines amerikanischen Präsidenten, der mit einem Austritt aus der Nato drohte. Zuletzt schwächte Trump diese Drohung zwar ab, dennoch bleibt das Gefühl: Europa muss sich selbst verteidigen können. Und das, so meinen Macron und seine Verbündeten, könne nur mit gemeinsamen Schulden finanziert werden.

Warum die EU bei den russischen Vermögen zögert

Es gibt noch andere Ideen, wie die EU an Geld kommen könnte, um Waffen für die Ukraine zu beschaffen und die eigenen Bestände – nach den bisherigen Lieferungen an das Land lückenhaft – aufzufüllen. Eine ist die Nutzung der Zinserträge aus dem eingefrorenen Vermögen der russischen Zentralbank in Höhe von 210 Milliarden Euro.

Doch auch hier zögert die Staatengemeinschaft. Für einen Beschluss zu dem Thema sei es „zu früh“, sagte der belgische Premierminister Alexander De Croo, dessen Land die EU-Ratspräsidentschaft innehat, nach dem Gipfel in der vergangenen Woche.

Mehrere europäische Regierungen haben rechtliche Bedenken. Denn die EU tastete noch nie die Vermögen von Drittstaaten an – und fürchtet, sie könnte, sollte sie es nun tun, in der Finanzwelt den Ruf als Hort der Stabilität verlieren.

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Eine andere Idee ist, dass die Europäische Investitionsbank (EIB) die Beschaffung von Waffen finanziert. Für diesen Vorschlag gibt es in der deutschen Regierung Unterstützung. Doch die Statuen der Bank verbieten so etwas.

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Sie darf nur helfen, wenn es um Dual-Use-Güter geht – also Produkte, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können, zum Beispiel Satelliten. Die EIB versteht sich als „Klimabank“, finanziert vor allem saubere Technologien. Die Wende zur „Waffen-Bank“ wäre radikal, deshalb schrecken viele Politiker vor einer Änderung der Regeln zurück.

„Die Einbeziehung der Europäischen Investitionsbank für Rüstungsausgaben sehen wir kritisch“, sagt Rasmus Andresen, Europaabgeordneter der Grünen und Mitglied im Haushaltsausschuss des EU-Parlaments. „Es muss sichergestellt sein, dass die neuen Aufgaben keine Auswirkungen auf den Rest des Portfolios haben.“

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