Europas Streitkräfte werden immer stärker von US-Waffenlieferungen abhängig. In den vergangenen fünf Jahren haben sich die Rüstungsimporte der Europäer gegenüber der vorangegangenen Periode insgesamt fast verdoppelt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse des schwedischen Friedensforschungsinstituts Sipri. 55 Prozent aller Waffenimporte Europas stammten zwischen 2019 und 2023 aus den USA. 2014 bis 2018 waren es erst 35 Prozent.
Die Warenströme sind auch durch den Ukraine-Krieg geprägt. Die Ukraine ist im Untersuchungszeitraum zu Europas größtem Waffenimporteur aufgestiegen und rangiert weltweit bereits auf Platz vier, hinter den Spitzenreitern Indien, Saudi-Arabien und Katar.
Der rasante Anstieg der Waffenimporte Europas dürfte die politischen Forderungen und Pläne der EU-Kommission nach einer größeren Souveränität in der Rüstungsproduktion weiter befeuern. Auch Deutschland ist mit seinem 100 Milliarden-Rüstungssonderbudget Großeinkäufer bei US-Konzernen. Deutschland hat beispielsweise den US-Kampfjet F-35 bestellt. Allein dieses Modell steuert knapp ein Viertel aller US-Waffenexporte weltweit bei. Es ist ein Verkaufsschlager.
Zu den bemerkenswerten Ergebnissen der Sipri-Analyse gehört der Aufstieg Frankreichs als Rüstungsexportnation. In den vergangenen fünf Jahren kletterten die Ausfuhren gegenüber der vorangegangenen Zeitspanne um 47 Prozent. Damit überholte Frankreich erstmals seit mehr als dreißig Jahren Russland und schob sich auf Platz zwei. Zuvor lautete die Reihenfolge über Jahrzehnte: USA vor Russland. Jetzt hat sich Frankreich insbesondere durch den Export seiner Rafale-Kampfjets dazwischen gedrängt.
Deutschland liegt bei den Waffenexportländern unverändert hinter China auf Platz fünf. Der deutsche Anteil an den weltweiten Exporten wird zwischen 2019 und 2023 mit 5,6 Prozent beziffert, China kam auf 5,8 Prozent. Während Frankreich seine Waffenexporte kräftig ausbaute, fielen die Ausfuhren Deutschlands um 14 Prozent.
Die meisten deutschen Waffenexporte gingen nach Ägypten, in die Ukraine sowie nach Israel. Zum Vergleich: Die meisten US-Waffenexporte gingen nach Saudi-Arabien, Japan und Katar. Europa hatte insgesamt einen Anteil von 28 Prozent an den US-Rüstungsausfuhren – im Zeitraum von 2014 bis 2018 waren es erst elf Prozent. Auch dies ein Hinweis, dass immer mehr Rüstungsgüter aus Amerika nach Europa kommen.
Einen regelrechten Export-Einbruch ermittelten die Sipri-Analysten für Russland. In der Fünf-Jahresbetrachtung (2019 bis 2023) sanken die Waffenexporte Moskaus um 53 Prozent gegenüber der vorherigen Periode. Dabei zog das Tempo immer weiter an: 2023 waren die Waffenexporte noch einmal um die Hälfte niedriger als 2022. Kurzfristig zeichne sich keine Trendwende ab. Zu den Ursachen für Russlands Einbruch bei den Waffenexporten machen die Analysten keine Angaben.